Seefelder Tourismus-Gespräche 2019
28. Oktober 2017Kongress „Brennpunkt eTourism 2018“ auf der FH Salzburg
10. Oktober 2018Liebe Freunde und Partner,
Wie schon in den letzten Jahren, war ich auch 2021 wieder zu den Seefelder Tourismusgesprächen eingeladen. Dieses Jahr allerdings per Life-Stream.
Das hat den schönen Vorteil, dass man sich die Fahrzeit spart und in seinem gemütlichsten Lieblingssessel an der Konferenz teilnehmen kann. Andererseits entgeht einem das schöne Buffet. Aber man kann eben nicht alles haben ;).
Zum Inhalt dieses Beitrags:
Der zweite Vortragende beim Kongress war Mag. Andreas Reiter. Seines Zeichens renommierter Zukunftsforscher aus Innsbruck. Er betreibt seit 1996 das ZTB Zukunftsbüro in Wien. Er berät Unternehmen, Kommunen, Destinationen und öffentliche Intstitutionen. Er ist gefragter Referent bei internationalen Kongressen sowie Lehrbeauftragter an der Universität Krems und am MCI in Innsbruck.
Er berichtet ausführlich über die Dinge, die uns nach Corona erwarten werden und wirft auch einen Blick auf die gesellschaftlichen Entwicklungen und die dadurch entstehenden Veränderungen für den Tourismus.
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Sabine & Michael
Mag. Andreas Reiter – Alles bleibt anders
Wohin geht der Tourismus? Gibt es Wendepunkte? Oder bleibt doch alles so wie es ist?
Derzeit befinden wir uns in einem gesellschaftlichen Post-Koma. Alle Bereiche des Tourismus sind derzeit extrem aufgewirbelt. Seminartourismus, Städtetourismus, Kreuzfahrten sind nicht möglich. Eine Normalisierung prognostiziert er erst für 2024.
Massiver Druck auf die touristischen Standorte, denn der Tourismus lässt sich nicht digitalisieren. Die Gastronomie war in der Pandemie digitalisierbar, aber für einen Hotelaufenthalt muss der Gast immer noch physisch anwesend sein. Die Menschheit hat festgestellt, dass sie verwundbar ist. Und diese Tatsache wird die Reisebranche verändern.
Die Menschen werden in Zukunft mit einer anderen Grundeinstellung auf Reisen gehen:
- Anytime, anywhere war gestern. Limitierter Zugang zu Attraktionen, Destinationen ist morgen.
- Reisen werden in Zukunft bewusster angetreten. Reisen wird teurer werden und für die Menschen wertvoller als es vor der Pandemie war.
- Hygiene und Sicherheit werden einen sehr hohen Stellenwert einnehmen.
- Verantwortungsvolles Reisen ist im Trend – besonders bei der jungen Generation.
- Natur ist der postpandemische Sehnsuchtsraum der Gäste. Zurück zur Natur wird in Zukunft noch viel stärker nachgefragt werden.
Die Aussage einer Tourismusverantwortlichen, die zum Denken anregt:
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Was erwartet die Hotellerie also in den nächsten Jahren:
- Der Markt der reinen Dienstreisen wird in Zukunft 30 bis 40 Prozent einbrechen. Innlandsflugverbote, Umdenken in vielen Firmen bzgl. Online-Meetings und der Umweltgedanke sind die Treiber dieser Entwicklung.
- Probleme im Recruiting durch die Unvorhersehbarkeit der Corona-Situation. Dies wird scheinbar noch Jahre nachwirken.
Daraus folgt zwangsläufig in Zukunft eine Erhöhung der Mitarbeiterlöhne und somit auch eine Erhöhung der Preise. - Probleme mit der Lenkung der Besuchermassen wenn Tourismus zwischenzeitlich Möglich ist.
- Das „Reise-Mindset“ der Gäste hat sich verändert. Gäste reisen getrieben durch den Sicherheitsgedanken auf andere Art. Fernreisen sind schwer möglich und viele Menschen sind auf das Thema Camping gestoßen. Sobald aber die Beschränkungen wieder zurückgefahren werden, wird die Reisetätigkeit bei Fernreisen überproportional zunehmen.
- Die Touristiker werden sich aus dem Silodenken befreien müssen, um in Zukunft am Markt bestehen zu können.
- Transformation in Form von Überlappung von Arbeitswelt mit Urlaubswelt
- Die Hotellerie wird sich mehr auf eine bestimmte Zielgruppe fokussieren müssen, um eine entsprechende Rendite erzielen zu können.
- Die Segmentierung der Märkte wird in Zukunft noch stärker werden. Der Massentourismus wird weiter bestehen bleiben. Also keine Sorge um die Ischgls oder Mallorcas dieser Welt. Der Massenmarkt wird aber geprägt sein von All-Inclusive (Sun & Beach), Diskontpreisen und De-personalisierung.
- Auf der anderen Seite wird der Bereich „Grüner Luxus“ stärker werden. Dienstleistung steht hier an oberster Stelle. Diese wird auch entsprechend veranschlagt – hin bis zum High-End-Service. Das Thema grüner Tourismus mit Naturbaustoffen und Grünflächen steht im Mittelpunkt. Die touristische Mitte löst sich langsam in beide Richtungen auf.
- Intelligentes Zutrittsmanagement wird sich in Zukunft durchsetzen und den Druck von stark frequentierten Sehenswürdigkeiten / Skiregionen / Städten nehmen. So wie es heute schon Zeitkontingente für den Louvre oder die Cinque-Terre gibt.
- Der Tourismusbranche gehen die Arbeitskräfte aus. Eine neue Kultur der Mitarbeiterführung wird nötig werden, um Mitarbeiter zu halten.
Andreas Winkler – Chef des Hotel Sacher – sagte in einem Interview, dass er seinen Mitarbeitern in Zukunft 20% mehr bezahlen muss, um sie im Betrieb halten zu können. Die daraus notwendige Preissteigerung wird sich im 4 oder 5 Sterne-Bereich noch auf den Preis aufschlagen lassen. In der kleinen Pension von nebenan wird das aber nicht möglich sein. Dienstleistung wird in Zukunft zum Luxusgut!
Sein Fazit für Tirol:
In Amsterdam wurde eine Limitierung der Gäste pro Jahr auf 20 Millionen festgelegt. Für Tirol wurde so ein Limit aber leider verabsäumt. Man hat zwar ein Bettenkontingent eingeführt aber diese Chance verabsäumt. Der Gast der Zukunft wird eine Reduktion der Produkte erwarten. Mehr Natürlichkeit mehr Natur, weniger Verbauung der Natur, weniger Masse. Die Kunst wird sein mit weniger, aber besser situierten Gästen mehr Wertschöpfung zu erzielen.